Integrationsbüro

Integrationsbüro

Über 90 % aller Mitgliederinnen und Mitglieder der IKG Schwaben-Augsburg einschließlich ihrer nichtjüdischen Familienangehörigen haben eine Zuwanderungsgeschichte: Sie stammen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion und sind seit Anfang der 90er Jahre als jüdische Immigranten nach Deutschland gekommen. Dazu kommt eine annähernd genauso große Zahl an nichtjüdischen Familienangehörigen. Viele von ihnen verfügen über kein oder nur ein geringes Wissen über ihre neue Heimat, auch darüber, wie die Juden in Schwaben früher lebten und den jüdischen Alltag gestalteten.

Mehr als die Hälfte (ca. 55 %) dieser Menschen sind älter als sechzig Jahre. Sie haben erhebliche Schwierigkeiten sich in ihrem neuen Umfeld zurecht zu finden, insbesondere, weil sie die deutsche Sprache oftmals nicht beherrschen und sich mit dem deutschen System nicht ausreichend auskennen. Eine eigenständige Kontaktaufnahme zu Ärzten, Behörden oder Informations- und Anlaufstellen für hilfe- und pflegebedürftige Personen ist diesen Personen in vielen Fällen unmöglich.

Aber auch für Kinder und Jugendliche brachte die Migrationsentscheidung der Eltern Probleme schulischer und beruflicher Art mit sich. Sie befinden sich in einem Spannungsfeld zwischen verschiedenen Kulturen – der russischsprachigen, jüdischen Kultur im Elternhaus, der ebenfalls russischsprachigen, jedoch atheistisch und oft antisemitisch geprägten Kultur des Herkunftslands und der deutschen Kultur, in der verschiedene Konfessionen leben. In diesem Spannungsfeld der Kulturen fällt es den Heranwachsenden oft sehr schwer ihre eigene Identität zu finden.

Aufgrund der Diskriminierung jüdischer Menschen und der Unterdrückung jüdischen Lebens in der ehemaligen UdSSR haben viele von ihnen nur ein geringes Wissen auch um das Judentum und ihre eigenen Wurzeln.

Das im Oktober 2008 neu gegründete Integrationsbüro sieht sich daher vor die anspruchsvollen Aufgaben gestellt, diesen Menschen bei einer doppelten Adaption, d.h. bei der Eingliederung sowohl in die jüdische Gemeinschaft als auch in die deutsche Aufnahmegesellschaft, behilflich zu sein. Um das geistige und emotionale Wohlbefinden sowie die Lebensqualität der älteren Gemeindemitglieder und deren Familienangehörigen zu verbessern, kümmern wir uns um ihre Anliegen und leisten ihnen praktische Hilfen im Alltag.

Viele von unseren Mitgliedern (und deren Familienangehörigen) im erwerbsfähigen Alter sind hochqualifiziert, haben jedoch dennoch oft Schwierigkeiten eine Arbeitsstelle zu finden. Wir bemühen uns sie durch die Vermittlung deutscher Sprachkenntnisse, Computer- und Bewerbungstrainings, die Organisation von Orientierungs- und Integrationsseminaren sowie durch persönliche Betreuung aktiv bei der Arbeitsmarktintegration zu unterstützen und ihre soziale Isolation durchzubrechen. Seit 2011 widmen wir uns in Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen der Gemeinde verstärkt der sozialen Projektarbeit, mit dem Ziel, die Infrastruktur in der Gemeinde zu verbessern und zu stärken.

Als anerkannte Einsatzstelle für den Bundesfreiwilligendienst bieten wir motivierten Freiwilligen vielfältige Einsatzmöglichkeiten an: Integrations- und Jugendarbeit, allgemeine Pflege- und Betreuungsdienste an alten, kranken, behinderten oder in anderer Weise hilfebedürftigen Personen, handwerkliche Tätigkeiten, Fahr- und Küchendienste, Versorgungs- und Reinigungstätigkeiten, gärtnerische und landwirtschaftliche Tätigkeiten.

In den Räumen des Gemeindezentrums arbeiten heute täglich Menschen sowohl jüdischer als auch nichtjüdischer Herkunft unter einem Dach zusammen. Die Teilnahme an einem gemeinsamen Verständigungsprozess, an dem sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionen beteiligen hilft, kulturelle und sprachliche Barrieren, Intoleranz und latente Vorurteile jeder Art im Arbeitsalltag abzubauen, eine Vertrauensbasis zu schaffen, soziale und interkulturelle Kompetenzen zu fördern sowie ein konstruktives Zusammenleben und einen gemeinsamen Dialog zu ermöglichen, der in einer von Zuwanderung geprägten deutschen Gesellschaft von existenzieller Bedeutung ist.

Bei unserer Arbeit setzen wir in großem Maße auf die Zusammenarbeit mit vielen erfahrenen Kooperationspartnern, lokalen Netzwerken für Integration und mit anderen Institutionen, die für Migrations-, Integrationsfragen und interkulturelle Beziehungen verantwortlich sind, und die unsere Integrationsbestrebungen unterstützen.

Zu den Aktivitäten des Integrationsbüros gehören: